Mit Workations Arbeit und Urlaub verbinden

Flexibilität

Eine KPMG-Umfrage aus dem letzten Jahr zeigt, dass über 50 Prozent der befragten Unternehmen Remote Work aus dem Ausland ermöglichen – meist in Form von Workations, also dem kurzzeitigen mobilen Arbeiten aus dem Ausland in Verbindung mit Urlaub. Haupttreiber sind Mitarbeiteranforderungen, Fachkräftemangel und die Internationalisierung ihres Geschäfts. Die Verantwortlichen sind sich einig: Der Bedarf wird weiter steigen. Internationale Flexibilität ist für Unternehmen zu einer strategischen Notwendigkeit geworden.

Das zeigt auch die Praxis: Während sich insbesondere Unternehmen aus gesetzlich regulierten Branchen (insbesondere Banken oder Versicherungen) und öffentliche Unternehmen (Universitäten oder kommunale Einrichtungen) in den letzten zwei Jahren noch zurückhaltend zeigten, sind Workation-Angebote auch hier mittlerweile ein „Must-have“ im Kampf um die besten Talente. Insgesamt bauen Unternehmen ihre bestehenden Angebote weiter aus. Während die Anzahl der Arbeitstage im Ausland zwar meist auf maximal 30 Tage im Jahr begrenzt ist, erlauben immer mehr Unternehmen Workations auch in Nicht-EU-Ländern, darunter in der Türkei, Indien oder Brasilien. Von dieser außereuropäischen Ausweitung der Angebote ist auch auf längere Sicht auszugehen. Die erlaubte Standarddauer von 20 bis 30 Tagen hingegen wird aber weiterhin bestehen bleiben, denn dieser zeitliche Rahmen hat sich in der Praxis als bester Kompromiss zwischen Flexibilität, administrativem Aufwand und Vermeidung von steuerlichen und rechtlichen Risiken bewährt.

Flickenteppich steuerlicher Regelungen

Auch für Gesetzgeber und Behörden ist das Thema relevant, das zeigen die rechtlichen Entwicklungen der letzten zwölf Monate. Positiv ist, dass mittlerweile viele Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Regelungen hierzu enthalten. Zudem erweitert das mittlerweile von fast allen europäischen Staaten unterzeichnete multilaterale Abkommen zur Sozialversicherung die Möglichkeiten zum grenzüberschreitenden Homeoffice und in verschiedenen Ländern, wie Österreich, geben Verwaltungsanweisungen klare Grenzen vor, in denen grenzüberschreitendes Homeworking möglich ist. Viele Länder inner- und außerhalb der EU haben mittlerweile auch Remote-Work- oder Digital-Nomad-Visa geschaffen.

Gleichzeitig entsteht ein Flickenteppich nicht miteinander abgestimmter Regelungen, die in verantwortlichen HR-Abteilungen zu Verwirrung führen. Hierzu ein Beispiel: Der neue Artikel 14 Absatz 1a DBA Luxemburg besagt, dass ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer, der einen luxemburgischen Arbeitgeber hat und grundsätzlich dort arbeitet, bis zu 34 Tage im Jahr aus seinem deutschen Homeoffice arbeiten darf, ohne dass diese Zeit in Deutschland einkommensteuerpflichtig wird. Offen bleibt aber, ob durch die Homeoffice-Tätigkeit eine Betriebsstätte für den luxemburgischen Arbeitgeber in Deutschland begründet werden kann. Laut multilateralem Abkommen zur Sozialversicherung, unter anderem von Luxemburg und Deutschland unterzeichnet, darf der Mitarbeiter hingegen bis zu 50 Prozent aus dem deutschen Homeoffice arbeiten, ohne dass dadurch die Sozialversicherungspflicht nach Deutschland wechselt. In diesem Fall wäre der Mitarbeiter in Deutschland dann aber einkommensteuerpflichtig.

Risiken individuell bewerten

Besonders herausfordernd ist die Ausweitung der Workation-Angebote auf Nicht-EU-Länder. Im ersten Schritt sollte geprüft werden, ob Doppelbesteuerungs- und Sozialversicherungsabkommen bestehen, das ist – anders als innerhalb der EU – nicht immer der Fall. Bestehen keine, kann das im betreffenden Land ab Tag eins zu Einkommensteuer-, Lohnsteuer- beziehungsweise Sozialversicherungspflichten führen. Auch die Frage, ob in Nicht-EU-Ländern für Remote Work eine Arbeitsgenehmigung erforderlich ist, ist oft nicht einfach zu beantworten, da diese Art der Tätigkeit in den entsprechenden Gesetzen nicht explizit geregelt ist. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass – wie beim Urlaub – ein Touristenvisum ausreicht. Tatsächlich wird es häufig auf die Einzelfallentscheidung des zuständigen Immigration Officers ankommen.

In der Praxis wird oft pauschal von „hohem Risiko“ oder „problemlos möglich“ ausgegangen. Unternehmen sollten aber mögliche Risiken rund um International Remote Work kennen und abschätzen können. Ein gutes Beispiel hierfür ist Italien: Viele Unternehmen schließen Workation-Angebote in Italien aufgrund eines dort vermeintlich besonders hohen Betriebsstättenrisikos aus. Abgesehen davon, dass Italien zu den beliebtesten Workation-Ländern bei deutschen Arbeitnehmern zählt und der Ausschluss für Unmut bei den Mitarbeitenden sorgt, ist dies inhaltlich unzutreffend: Im Hinblick auf Workations besteht in Italien kein größeres Risiko als in anderen EU-Ländern auch.

Ausblick

Die Praxis zeigt: Flexible Arbeitsmodelle steigern die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und sind aus der modernen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, rechtssichere Lösungen zu finden, denn auch Behörden haben das Thema vermehrt auf ihrer Agenda.

Vor allem HR-Mitarbeitende sind gefragt, die rechtlichen Entwicklungen im Blick zu behalten und entsprechende Prozesse in enger Zusammenarbeit mit Compliance-Abteilungen und Business zu integrieren. HR-Toollösungen können zudem dabei helfen, International Remote Work, Dienstreisen, Entsendungen und andere Formen von Mitarbeitermobilität technologiegestützt zu managen.

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Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Weltweit. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Tobias Preising

Tobias Preising ist Partner Tax Global Mobility Services bei KPMG. Der promovierte Jurist hat mehr als 17 Jahre Erfahrung im Bereich Global Mobility und berät internationale Unternehmen zu allen Themen rund um Compliance und Prozessgestaltung. Sein Schwerpunkt liegt auf der Beratung zu neuen Mobilitätsformen wie „Work from Anywhere“ und der Transformation der Global-Mobility-Funktion.

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