HR im Fokus: Das bedeutet die CSRD für Unternehmen

Corporate Sustainability

Mit dem Green Deal verkündete die Europäische Union (EU) vor rund fünf Jahren die Vision, bis 2050 klimaneutral zu werden. Seitdem folgten Gesetze und Initiativen, die den Wandel der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit vorantreiben sollen. Einer dieser Gesetzesakte treibt die Unternehmen derzeit besonders um: die CSRD. 

CSRD steht für Corporate Sustainability Reporting Directive und enthält neue Vorgaben der EU hinsichtlich dessen, was Unternehmen künftig in ihren Geschäftsbericht aufnehmen müssen. Erstmals müssen Unternehmen nun nicht nur offenlegen, wie Umsatz und Gewinn sich entwickelt haben, sondern auch, wie nachhaltig die eigenen Geschäftstätigkeiten sind. Das nimmt auch HR-Abteilungen in die Pflicht. Sie nehmen selbst eine Rolle in der Berichterstattung ein und ihre Expertise ist entscheidend, um das Thema Nachhaltigkeit effizient und erfolgreich ins Unternehmen zu integrieren.  

Nachhaltigkeit wird der Finanzberichterstattung gleichgestellt

Die CSRD weitet bestehende Berichterstattungspflichten sowohl in der Breite als auch in der Tiefe massiv aus. Sie gilt schrittweise ab 2024, die ersten Berichte müssen ab 2025 vorgelegt werden. Zunächst sind 500 Unternehmen in Deutschland berichtspflichtig – in Zukunft werden circa 15.000 berichten müssen. Zudem sind Inhalt und Struktur der Nachhaltigkeitsberichte vorgeschrieben: Sie müssen Teil des Lageberichts von Unternehmen sein. Zusätzlich muss der Nachhaltigkeitsbericht extern geprüft werden. Das bedeutet auch, dass Vorstand und Aufsichtsrat haften, wenn die Berichterstattung fehlerhaft ist. 

Die EU schafft somit etwas grundsätzlich Neues. Erstmals werden Nachhaltigkeits-Kennzahlen den finanziellen Kennzahlen gleichgestellt. Die CSRD setzt neue Parameter und soll für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit sorgen. Damit ist sie ein wichtiger Hebel im Vorhaben der EU, es Unternehmen schwer zu machen, die sich einer nachhaltigen Transformation verweigern. Denn es steht fest: Die Finanzierung von Unternehmen wird künftig stark davon abhängen, wie die eigene Nachhaltigkeitsbilanz aussieht.  

Große Herausforderungen für HR

Damit hat die CSRD signifikante Auswirkungen auf Unternehmen – und insbesondere auf HR-Abteilungen. An der Berichterstattung hängt zum einen die Frage, wer diese verantwortet, wie also das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen organisiert wird, und zum anderen die Aufgabe, geeignetes Personal zu finden. Darüber hinaus fällt der Personalabteilung selbst eine zentrale Rolle in der Berichterstattung zu. 

Derzeit wird das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen sehr unterschiedlich organisiert. Einige Unternehmen haben bereits große und strategisch aufgestellte Nachhaltigkeitsabteilungen, die sich unter anderem konzentriert auf die kommenden Berichterstattungspflichten vorbereiten. Viele Unternehmen zeigen sich jedoch von Umfang und Aufwand der CSRD-Berichterstattungspflichten überrascht und sind hektisch auf der Suche nach dem richtigen Personal. Die Frage nach der organisatorischen Einbindung des Themas Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie wird dabei von der Unternehmensführung häufig vernachlässigt. Ein Fehler, den HR-Abteilungen nicht reproduzieren sollten. Für sie stellen sich zwei zentrale Fragen: Wie soll das Thema Nachhaltigkeit organisiert werden? Welche Profile suchen wir demnach? 

Die Frage nach den richtigen Profilen ist dabei alles andere als trivial. Das Themenfeld Nachhaltigkeit ist vergleichsweise neu. Während Abteilungen wie die Buchhaltung, die Finanz- oder IT-Abteilung überall ähnlich funktionieren, gibt es für das Thema Nachhaltigkeit keinerlei Blaupausen. Ebenso wenig gibt es lang etablierte Ausbildungen oder Qualifikationen. Zwar werden seit einiger Zeit erste Studiengänge und Fortbildungen in diesem Bereich angeboten, doch von standardisierten Kompetenzen sind wir weit entfernt.  

Strukturelle Integration entscheidend

„Viele Unternehmen versuchen dieses Problem zu lösen, indem sie auf Nachhaltigkeit spezialisierte Berater*innen der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften abwerben“, sagt Kirsten Altenhoff, Managing Partner der GK Unternehmens- und Personalberatung. „Hier ist die Nachfrage allerdings mittlerweile sehr hoch und der Markt um diese Berater*innen ist stark umkämpft.“ Das führe zu hohen Gehältern, die sich kleinere Unternehmen häufig schlicht nicht leisten könnten. „Auch Expert*innen aus anderen Unternehmen sind aktuell rar, da das Themenfeld noch so neu und in den Unternehmen jeweils unterschiedlich definiert ist und gelebt wird.“ Für das erfolgreiche Recruiting gelte grundsätzlich: „Die reine Reporting-Erfahrung ist nicht ausreichend, um die Herausforderungen zu bewältigen, die mit der CSRD einher und über sie hinausgehen.“ 

Selbst wenn passende Fachleute gefunden werden, ist es ein Trugschluss zu glauben, dass diese mehr oder weniger im luftleeren Raum anfangen können zu arbeiten. Ohne eine strukturelle Integration des Themas Nachhaltigkeit in Strategie und Struktur eines Unternehmens wird die Belastung, die durch das Reporting entsteht, noch höher– und signifikante Chancen bleiben ungenutzt. 

Nahezu alle Unternehmensbereiche sind von der CSRD betroffen. Nachhaltigkeitsverantwortliche brauchen somit eine sehr breite Qualifikation und Erfahrung. Sie benötigen ein Verständnis für das gesamte Unternehmen, sie brauchen einen ganzheitlichen Blick und sie müssen in der Lage sein, mit allen Stakeholdern zu reden und sie einbeziehen zu können.  

Das Zentrum Nachhaltige Transformation hat für eine Studie gemeinsam mit der GK Personalberatung Gespräche mit rund 15 Nachhaltigkeitsverantwortlichen geführt. Über ihre Rolle, ihre Aufgaben und ihre Herausforderungen. Das zentrale Ergebnis: Gute Nachhaltigkeitsverantwortliche vereinen derart komplexe Kompetenzen, dass sie das Potenzial haben, die CEOs von morgen zu sein.   

Für Personalabteilungen bedeutet das, dass Nachhaltigkeitsverantwortliche und ihre Teams sehr sorgfältig ausgewählt und besetzt werden müssen. „Gute Kenntnisse über das gesamte Unternehmen, die formellen und informellen Strukturen sowie kulturelle Prämissen sind dabei neben der fachlichen Sustainability-Expertise entscheidend, um schnell und effektiv handlungsfähig zu sein“, sagt Kirsten Altenhoff. „Die interne Besetzung der Nachhaltigkeitsteams ist daher für viele Unternehmen eine interessante Alternative. Die Aus- und Weiterbildung im Bereich Nachhaltigkeit erfolgt dann allerdings weitestgehend „on the job“ – und ist damit nicht immer reibungslos. Allerdings ist neben der bereits vorhandenen Kenntnis zum Unternehmen mit intern rekrutierten Teams aus unterschiedlichen Abteilungen häufig auch eine höhere Akzeptanz verbunden, sowohl teamintern als auch seitens interner Stakeholder.“  

Personalabteilungen müssen sich frühzeitig positionieren

Unerlässlich ist jedoch der Aufbau einer funktionierenden Struktur im Unternehmen, in die Nachhaltigkeit gewinnbringend integriert werden kann. Hier ist die Expertise von HR gefragt – und mitentscheidend über die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Die CSRD ist mehr als eine reine Berichterstattungspflicht, sie ist ein Meilenstein im fundamentalen Wandel der Wirtschaft. Unternehmen, die sich auf diesen Wandel nicht grundlegend einstellen und ihn mitgestalten, werden es schwer haben. Banken und Investoren werden auf Nachhaltigkeitsberichte und -strategien in Zukunft sehr genau achten.  

Doch die Verantwortung der HR-Abteilung geht sogar noch darüber hinaus. Ein zentraler Teil der kommenden Berichterstattung ist der Themenbereich Soziales. Hier liegen die Kompetenzen eindeutig in der HR. Für viele Unternehmen wird das Thema der sozialen Berichterstattung sogar größere Bedeutung haben als das Thema der ökologischen Berichterstattung.  

Damit fällt der HR eine aktive Rolle in der Berichterstattung zu. Personalabteilungen müssen diese neue Rolle aktiv annehmen, gestalten und sich frühzeitig positionieren. Hier liegen große Chancen, Einfluss zu sichern und auszuweiten – und gleichzeitig die Zukunft des Unternehmens nachhaltig mitzugestalten. 

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Ulrich Helzer

Ulrich Helzer ist Mitgründer und Managing Partner des Zentrum Nachhaltige Transformation (zNT) an der Quadriga Hochschule Berlin. Er ist ausgebildeter Journalist und berät als Experte für Reputations-, Change- und Krisen-Projekte Unternehmen, Organisationen und ihre C-Level in Transformationsprozessen.

Julia Irina Rosenkranz

Julia Irina Rosenkranz ist Senior Consultant beim Zentrum Nachhaltige Transformation (zNT) an der Quadriga Hochschule Berlin. Als ausgebildete Journalistin und Kommunikationsexpertin unterstützt und berät sie Kunden rund um das Thema nachhaltige Transformation.    

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