Auch die menschlichen Ressourcen sind begrenzt: 10 neue Wahrheiten für HR

Trends

Wir erleben eine Zeitwende, die durch zwei zentrale Trends geprägt ist: die Verknappung von Arbeitskräften durch die demografische Entwicklung einerseits und die Digitalisierung mit künstlicher Intelligenz (KI) als Beschleuniger andererseits. Zwei gegenläufige Entwicklungen mit einem ungewissen Ausgang. Ist die demografische Entwicklung schneller, wird der Arbeitskräftemangel zu sinkender Produktivität und Wohlstandsverlust führen. Wenn wir andererseits zu schnell und zu viele Arbeitsplätze durch KI ersetzen, schaffen wir ein soziales Ungleichgewicht, das in Summe ebenfalls Wohlstandsverlust bedeutet.

Gelingt es uns allerdings, beide Entwicklungen in Balance zu bringen, können wir unser Leben wesentlich verbessern.

Wir haben die Chance, den scheinbaren Widerspruch „Mehr mit Weniger“ aufzulösen, der zu einem Mantra unserer Zeit geworden ist. Unsere Ressourcen sind begrenzt – auch unsere menschlichen Ressourcen. Diese zentrale Erkenntnis hat uns nicht zuletzt die Pandemie und der anschließend aufflammende Arbeitskräftemangel gebracht. Die Mitarbeitenden in den Unternehmen sind erschöpft – Stress ist zum Dauerfaktor geworden und die Produktivität stagniert. „Too much busy work“ ist laut den Global Talent Trends 2024 von Mercer der Hauptgrund, warum Mitarbeitende heute nicht produktiv sein können.

Der Ausweg könnte sein: Nachhaltiges Personal- und Organisationsmanagement in Verbindung mit einer intelligenten Nutzung von Technologie!

Dafür braucht es neben der Kenntnis der neuen Realitäten pragmatische Ansätze, diese Zeitwende für sich zu nutzen. Dies könnten Antworten auf die neuen Realitäten sein:

  1. Augenhöhe und Wertschätzung: Das neue Selbstverständnis von Mitarbeitenden erfordert Augenhöhe. Mitarbeitende suchen mehr als nur Gehalt und Entwicklung. Sie möchten einen Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern und dafür wertgeschätzt werden.
  2. Raus aus dem Stress: Hohe Arbeitsbelastungen und schlechte Arbeitsbedingungen führen zu Erschöpfung und Burnout. Programme für individuelle Resilienz und die Neugestaltung von Organisation und Arbeit zeigen den Weg.
  3. Der neue Rhythmus der Arbeit: Remote-Arbeit und flexible Arbeitszeiten haben einen neuen Arbeits-Rhythmus geschaffen, der oft noch nicht im Takt ist. Die Balance aus individueller Autonomie und den Anforderungen der Organisation schafft Flexibilität, die allen zugutekommt.
  4. Sinnhaftigkeit und Empathie: Mitarbeitende möchten für Unternehmen arbeiten, deren Werte mit ihren eigenen übereinstimmen. Psychologische Sicherheit in einer offenen Kultur schafft Identität und Innovation. Empathie hilft uns, in einer zunehmend technologisierten Welt menschlich zu bleiben.
  5. Vertrauen und Verantwortung verbinden: die neue Arbeitswelt funktioniert nur in dieser Kombination. Eine entsprechende Unternehmenskultur und individuelle Kompetenzen zu entwickeln, ist der Schlüssel. Die Rolle von Führungskräften – auch im Erwartungsmanagement – ist dabei von zentraler Bedeutung.
  6. Menschliche und künstliche Intelligenz kombinieren: Generative KI ist ein Verstärker menschlichen Schaffens. Die Kombination aus Mensch und Algorithmus ermöglicht es, Arbeit neu zu gestalten – zum Vorteil der Organisation und des Einzelnen.
  7. Skills als Koordinatensystem: Die zunehmende Geschäftsdynamik erfordert eine Umstellung von „Wissen zu Lernen“: Gerade in unseren Experten-Organisationen müssen wir den Wandel schaffen von „Know it all“ zu „Learn it all“. Skills werden damit zur Grundlage des People Managements.Der Umbau der Workforce gelingt durch kontinuierliches Up- und Reskilling.
  8. Talentversorgung sicherstellen: Mit der Verknappung gewinnt die Planung und Bewirtschaftung des Talentpools an Bedeutung. Supply-Chain-Management-Prinzipien und ein lebenszyklusorientiertes Personalmanagement sichern die Versorgung und Allokation.
  9. Nachhaltigkeit beginnt beim Menschen: Soziale Nachhaltigkeit, also die Sicherung zentraler menschlicher Bedürfnisse, ist eine Voraussetzung für ökologische Nachhaltigkeit. Indem Unternehmen Nachhaltigkeit in ihre Pläne und Geschäftspraktiken integrieren, können sie das langfristige Wohlergehen ihrer Mitarbeitenden und Gemeinschaften gewährleisten.

Es gibt keine einfachen Rezepte für unsere komplizierten Herausforderungen – weder in der Wirtschaft noch in unserer Gesellschaft. Das einzige Prinzip, das uns die Navigation unserer komplexen Systeme erleichtert, ist das der Balance. Die meisten Antworten auf die hier aufgeführten neuen Realitäten sind mit einer Balance aus Unternehmens- und Individual-Interesse gegeben. Diese zu finden, ist der Kern modernen People Managements und wird damit zum Schlüssel für den Unternehmenserfolg und die Sicherung unseres Wohlstands.

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Kai Anderson

Kai Anderson begleitet die Transformation von Unternehmen mit humanzentrierten Ansätzen. 1999 gründete er das auf strategisches Personalmanagement spezialisierte Beratungsunternehmen Promerit, das er im Jahr 2018 an Mercer verkaufte. Seitdem verantwortet er bei Mercer das Executive Advisory und die Transformation Services in Europa. Anderson ist Co-Autor der Bücher Digital Human (Campus, 2017) und Work Different: 10 Truths for winning the People Age (Wiley, 2023).

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