Neues Logo – Neue Werte

Kulturwandel

Es war der Auftakt für die größte Transformation in der Geschichte des Unternehmens: Im Januar 2021 erfuhren die Stakeholder des ehemaligen „Dänischen Bettenlagers“ in einem Management-Meeting, dass das Einrichtungsunternehmen seinen Namen in „JYSK“ ändert – jene Bezeichnung, unter der die Möbelkette 1979 in Dänemark gegründet wurde. Ende September desselben Jahres sollte das Rebranding vollzogen sein – von der Umgestaltung von mehr als 950 Store-Fassaden über die Einführung neuer Firmenkleidung bis hin zu Tausenden neuer Logo-Einbindungen in Werbemitteln wie Kugelschreiber und Luftballons.

Rebranding samt kultureller Neuorientierung bei JYSK

„Deutschland war von den nahezu 50 Ländern in der JYSK Gruppe zum Zeitpunkt des Rebrandings das letzte, das noch unter „Dänisches Bettenlager“ firmierte – ein Name, der nicht mehr zeitgemäß war und auch das Produkt-Sortiment nicht mehr widerspiegelte“, erläutert Michael Rotermund, Head of Communications bei JYSK. Das Rebranding umfasste jedoch weitaus mehr als die Namensänderung und einen neuen Außenanstrich. Zum einen ging das neue Store-Konzept mit der Digitalisierung und infolgedessen mit neuen Arbeitsweisen durch elektronische Preisschilder und weiteren technologischen Neuerungen einher. Zum anderen führte Dänemark parallel zur Umfirmierung seine weltweit einheitlichen Unternehmenswerte auch in Deutschland ein. Das bedeutete teilweise eine kulturelle Neuorientierung. „Insbesondere der Leadership Bereich und die damit verbundene Rolle von Führungskräften und Mitarbeitenden musste zum Teil neu gedacht werden. Denn in Skandinavien wird viel mehr auf Vertrauen und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden gesetzt“, sagt Charlotta Lindborg, Head of Human Resources bei JYSK Deutschland.

Nah an den Mitarbeitenden sein

Insgesamt haben die Neuerungen das Unternehmen in eine ganzheitliche Transformation geführt. Auch die Arbeit von Lindborgs HR-Teams hat sich geändert. „Wir haben uns dezentral aufgestellt. Viele arbeiten im Außendienst, um nah an den Mitarbeitenden und den Führungskräften sein zu können“, sagt sie. So kriege man besser mit, wie die Menschen mit den Veränderungen zurechtkommen und könne sie bei eventuellen Schwierigkeiten zeitnah unterstützen. Lindborg selbst hat die Mitarbeitenden ebenfalls in den Filialen besucht. „Mir war es wichtig, die neue Arbeitsrealität der Mitarbeitenden direkt zu erleben und von ihnen zu erfahren, wie es ihnen damit geht, und Feedback zu bekommen, wie die neu eingeführten HR-Konzepte funktionieren. Zudem wollte ich auf Augenhöhe mit den Mitarbeitenden kommunizieren – und somit als Führungskraft einen der neuen Werte des Unternehmens direkt vorleben“, sagt sie.

Mitarbeitende nicht überfordern

Laut Jakob Osman, Chief Strategy Officer bei der Agentur Junges Herz, einer Employer-Branding-Agentur, ist es im Rahmen einer Kulturentwicklung im Unternehmen enorm wichtig, mit den Mitarbeitenden intensiv ins Gespräch zu gehen. „Wenn HR den Auftrag hat, den Transformationsprozess aktiv mitzugestalten, was leider zu selten der Fall ist, ist für die Personaler und Personalerinnen die erste Aufgabe, gut zuzuhören“, sagt er. Schließlich sei die größte Herausforderung bei Veränderungen im Unternehmen immer, die Mitarbeitenden mitzunehmen. Aus diesem Grund ist es Osman zufolge wichtig, nicht zu viel auf einmal zu verändern. Das war auch Lindborg ein Anliegen: „Man muss aufpassen, dass man die Mitarbeitenden nicht überfordert. Daher haben wir sichergestellt, dass wir die Neuerungen bei JYSK gut aufeinander abstimmen.“ Um den Entwicklungsstand verfolgen zu können, hätten sich die Projektverantwortlichen von HR, der internen Kommunikation und anderen Abteilungen monatlich in einem Meeting ausgetauscht und jeweils die nächsten Prioritäten festgelegt. „Zudem wurde jeden Monat ein Video erstellt, aus dem der Status quo hervorging“, so Lindborg.

Kulturentwicklung als kontinuierlicher Prozess bei Kärcher

Eine Kulturentwicklung infolge eines Rebrandings, wie es bei JYSK in relativ kurzer Zeit stattgefunden hat, ist in der Unternehmenswelt eher eine Ausnahme. Meist erfolgt der Wandel der Unternehmenskultur als kontinuierlicher Prozess. So etwa bei Kärcher. Um kontinuierlich an der Arbeitgebermarke und der Firmenkultur zu arbeiten, hat der Hersteller von Reinigungsgeräten und -systemen die Position des Director Corporate Culture Development geschaffen. Das Aufgabenfeld von Simon Blaschke, der diese Position seit drei Jahren besetzt, bewegt sich zwischen Personalarbeit, Marketing und Unternehmensstrategie. Seine Position ist mit zwei Mitarbeitenden als eigene Einheit bei HR angesiedelt. Damit nimmt HR in Sachen Branding und Kulturentwicklung bei dem Familienunternehmen eine zentrale Rolle ein.

Employer Branding nach innen richten

„Das Außenbild des Unternehmens und seine Innenwelt müssen immer gemeinsam betrachtet werden“, sagt Blaschke. Was das in der Praxis bedeutet, zeigt unter anderem die im Sommer 2023 gestartete Employer-Branding-Kampagne, die er und sein Team mit dem Ziel entwickelt haben, potenzielle und aktuelle Mitarbeitende mit der Marke Kärcher in Berührung zu bringen. „Wir wollen die Wow-Erlebnisse, wie wir sie bei unseren Produkten versprechen, auf unsere Arbeitgebermarke übertragen. Dabei war uns bewusst, dass wir dieses Wow-Gefühl nur
gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden authentisch transportieren können. Daher haben wir die Kampagne zunächst nach innen gerichtet, um mit verschiedenen – kleinen wie größeren – Events die eigenen Mitarbeitenden zu begeistern, ihnen Momente mit Wow-Effekt zu schenken und sie in die Kampagne einzubeziehen“, schildert Blaschke. So konnten sie zum Beispiel an einem Fotoshooting teilnehmen, und wer wollte, konnte sich als Protagonist oder Protagonistin via Videos und Bildern beim Employer Branding beteiligen.

Strategische Initiative Kulturwandel bei Fielmann

Der Optiker und Hörakustiker Fielmann bindet seine Mitarbeitenden ebenfalls ins Personalmarketing ein: „Das, was wir nach außen zeigen, sind die Geschichten unserer Mitarbeitenden“, sagt Johannes Schenck, Teamlead Employer Branding und HR-Marketing. Damit wolle man unter anderem nach außen wie innen deutlich machen, dass die Mitarbeitenden – genauso wie die Kundinnen und Kunden – bei Fielmann im Mittelpunkt stehen. „Dass wir die Mitarbeitenden in unsere Recruiting-Kampagnen einbeziehen, ist ein Ergebnis der Weiterentwicklung unserer Kultur und zahlt gleichzeitig auf diese ein“, erläutert Anne Grobe, Director HR Development. Hintergrund: Anlässlich des Generationswechsels bei Fielmann vor rund fünf Jahren und dem Ziel, sich zukunftsfähig aufzustellen, wurde im Unternehmen ein Kultur-Prozess gestartet. Die Mitarbeitenden waren direkt beteiligt: „In mehr als 50 Workshops mit über tausend Mitarbeitenden – vom Azubi bis zur Führungskraft – haben wir unsere Werte und unseren Purpose definiert, die unsere Art der Zusammenarbeit beschreiben“, sagt Grobe, die die strategische Initiative Kulturwandel leitet. „Vieles von dem, was wir erarbeitet haben, wurde schon im Unternehmen gelebt, nur zum ersten Mal schriftlich festgehalten. Entscheidend war der Prozess an sich, der unter anderem das neue Zusammenspiel von Management und Mitarbeitenden samt einer guten Mischung von Top-down- und Bottom-up-Entscheidungen im Unternehmen widerspiegelte“, sagt Grob.

Transformation für Modernisierung der Marke Weleda

Mitarbeitende zu Beteiligten zu machen, darum geht es! Das ist auch bei Weleda der Weg, um sie bei der Modernisierung der Marke und der damit verbundenen Weiterentwicklung der Unternehmenskultur mit ins Boot zu holen. Tina Müller, CEO des Unternehmens für Naturkosmetik und Anthroposophische Medizin, ist davon überzeugt: „Es braucht eine klare strategische Vision, die gut kommuniziert werden muss. Hierfür gilt es, das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeitenden zu nutzen und sich Feedback einzuholen.“ So hat das Unternehmen für seine eigene Transformation unter anderem eine weltweite Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Laut Elke Abendschein, Chief People & Culture Officer bei Weleda, soll sich ferner jeder Mitarbeitende bei Anliegen direkt an die Geschäftsführung wenden können. In der Schweiz, Deutschland und Österreich wurde darüber hinaus ein CEO-Talk eingeführt, bei dem Tina Müller alle ein bis zwei Monate einen kurzen Überblick über aktuelle Unternehmensthemen wie Strategie und Finanzen gibt. Das hybride Format, bei dem Müller einen internen Gast dabeihat, kommt laut Abendschein bei den Mitarbeitenden gut an: „Sie nutzen die Gelegenheit, Fragen zu stellen und Anregungen zu platzieren.“ Insgesamt, so betont sie, könne bei einer unternehmenskulturellen Entwicklung nie genug kommuniziert werden.

Führungskräfte spielen aktive Rolle

Wie Müller mitteilt, ist es nötig, Weleda zu modernisieren, um verantwortungsvoll wachsen zu können. „Wir gehen bewusst vermehrt in Richtung Premium, werden unsere Innovationskraft stärken, die Digitalisierung vorantreiben und das internationale Geschäft ausbauen“, sagt sie. „Der Purpose und die Werte des Unternehmens sollen beibehalten werden. Gleichzeitig ist eine Weiterentwicklung der Unternehmenskultur in Richtung eines agileren Umfelds ebenso nötig wie Mut der Mitarbeitenden, Dinge auszuprobieren und neu zu denken“, fasst Abendschein zusammen, was das bedeutet. Insbesondere die Führungskräfte würden hierbei eine aktive Rolle spielen und entsprechend geschult werden,
um die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden stärken und ein förderliches Arbeitsumfeld schaffen zu können.

Globale Unternehmenswerte greifbar machen bei Kraft Heinz

Im Rahmen der Unternehmenskultur haben Führungskräfte vor allem auch eine Vorbildfunktion. Darin sind sich die meisten Unternehmen einig. „Leben Leader die für das Unternehmen erwünschte Haltung vor, geht der Rest fast von allein“, sagt Christian Sekels, Head of HR bei Kraft Heinz Deutschland. Er und sein Team standen in den vergangenen dreieinhalb Jahren vor der Herausforderung, die globalen Werte des Konzerns, die 2019 für eine Unternehmenskultur des Ownerships aufgestellt wurden, im Unternehmen greifbar zu machen. Ausgangspunkt war eine Mitarbeiterbefragung, die zeigte, dass die gewünschte Unternehmenskultur bei Kraft Heinz Deutschland nicht gegeben war: Es herrschte Unzufriedenheit und starkes Silodenken. Die Mitarbeitenden arbeiteten eher gegeneinander als zusammen und eine fehlende Orientierung verhinderte, dass sie Aufgaben eigenverantwortlich übernehmen konnten.

Verlässlichkeit, Fürsorge und Zusammenhalt

„Wir haben uns darauf fokussiert, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ernst zu nehmen, ihr Vertrauen zu gewinnen und Zusammenhalt zu schaffen“, resümiert Sekels . Verlässlichkeit und Fürsorge seien dabei wichtige Prinzipien gewesen. „Wir versprechen nichts, was wir nicht auch halten können. Das Motto „Family first“ etwa ist ernst gemeint: Mitarbeitenden, die eine persönliche Notsituation in der Familie haben, räumen wir die für sie notwendigen Auszeiten ein“, so Sekels. Ferner habe HR dafür gesorgt, dass die Mitarbeitenden über wichtige Projekte und Entscheidungen im Unternehmen Bescheid wissen: In Town Hall Meetings werden sie über die Highlights des Monats informiert. „Jeder sollte wissen, wie die Rädchen bei uns ineinandergreifen“, sagt Sekels. Aus diesem Grund habe HR beispielsweise auch einen gemeinsamen Besuch aller 120 Mitarbeitenden im Lagerhaus in Bochum initiiert. „Solche und ähnliche Aktionen stärken nicht nur das ganzheitliche Wissen hinsichtlich der Arbeit, sondern auch das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mitarbeitenden und ihre Verbindung zum Unternehmen.“ Dies wiederum wirke sich positiv auf die Motivation der Mitarbeitenden aus, Leistung zu erbringen und Eigenverantwortung zu übernehmen – und
steigere ihre Zufriedenheit. Dass dies tatsächlich heute der Fall ist, zeigen die Ergebnisse der letzten Mitarbeiterbefragung. Unzufrieden waren die Mitarbeitenden bis dato nur noch mit der Kaffeemaschine im Office.

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Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Branding. Das Heft können Sie hier bestellen.

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Petra Walther ist freie Journalistin in Bonn.

Petra Walther

Petra Walther ist freie Journalistin in Bonn.

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