So behaupten sich Familienunternehmen auf dem globalen Markt

Familienunternehmen

Frau Hoon, welche Rolle spielt der weltweite Markt für Familienunternehmen?

Christina Hoon: Eine sehr große. In der Regel bedienen Familienmärkte Nischen: Sie bauen spezielle Maschinen oder Ersatzteile und sind auf einen Markt spezialisiert. Wer in der Nische unterwegs ist und erfolgreich sein will, muss Weltmarktführer sein. Allerdings sind sie als „Hidden Champions“ oft unsichtbar. Das können sie sich nicht mehr leisten: Wer weltweit Mitarbeitende gewinnen will, muss sichtbar sein.

Womit können Familienunternehmen auf dem Arbeitsmarkt punkten?

Ihnen eilt ein guter Ruf voraus. Sie stehen für Werte, die sie über Generationen pflegen und weitergeben: Vertrauen, Bodenständigkeit und Innovationen etwa. Allerdings ist ihr Ruf nicht in allen Ländern gleich gut.

Auch Konzerne setzen vermehrt auf Werte…

Ja, das haben sie von den Familienunternehmen gelernt. Sie haben gemerkt, dass es ein guter Klebstoff ist, um Talente zu halten, und setzen öfter auf Aspekte wie Langfristigkeit und Verantwortung. Es macht aber einen Unterschied, für eine Firma zu arbeiten, in der Kopf, Herz und Verstand der Inhaber jeden Tag im Unternehmen präsent sind oder ob die Eigentümer anonym bleiben und nicht am Erfolg mitarbeiten.

Welche Länder blicken denn skeptisch auf Familienunternehmen?

Japan zum Beispiel. Dort gibt es zwar auch viele Familienunternehmen, sie haben aber durch Skandale um Vetternwirtschaft, Machtmissbrauch und Ausbeutung einen Reputationsschaden erlitten. Wir arbeiten gerade an einer Übersicht, um solche kulturellen Unterschiede aufzuzeigen. Unternehmen sollten sie kennen, wenn sie international Personal rekrutieren.

Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie für die Personalarbeit?

Familienunternehmen haben eine sehr enge Anbindung an ihre Kunden und Lieferanten. Sie müssen Leute finden, die ihre Werte teilen und vor Ort repräsentieren. Stimmt das nicht überein, sind sie radikaler darin, sich von Mitarbeitenden in der Probezeit wieder zu trennen. Dazu kommt, dass Familienunternehmen spezialisiertes Personal brauchen, aber nur eine kleine HR-Abteilung haben, die alles von einem Ort aus machen muss. Für Talent Scouting und Employer Branding fehlen ihnen oft die Mittel.

Was raten Sie Familienunternehmen?

Mein wichtigster Rat ist es, dass sich Familienunternehmen die HR-Expertise ins eigene Haus holen. HR ist nichts, was jemand mitmachen kann. Es ist ein wichtiges Handwerk mit eigenen Instrumenten, die ein Unternehmen braucht, um erfolgreich zu sein. Auch wenn es besser wird, sind viele Familienunternehmen noch zu schwach aufgestellt, um Konzepte und Strategien zu entwickeln.

Welche Strategien sind am erfolgreichsten?

Die Strategie, die ich gerade Familienunternehmen besonders empfehle, ist das Rapid Prototyping: kleine Projekte ausprobieren, Prozesse strukturieren, Konzepte erstellen und skalieren, wenn sie erfolgreich waren. Das, was wir aus Lehrbüchern kennen, bei Werten anzufangen und daraus eine HR-Strategie mit Instrumenten abzuleiten, ist genau das, was das klassische Familienunternehmen nicht leisten kann.

Welche Rolle spielen die Köpfe der Familienunternehmen für die HR?

Wenn ein Inhaber oder eine Inhaberin um die Welt reist, um Personal zu rekrutieren, ist das aus meiner Sicht ein kluger Schachzug. Sie sind die Personen, die das Unternehmen und seine Werte am besten repräsentieren.

Ist es für die HR mehr Fluch oder Segen, wenn sie sich so stark in Personalprozesse einbringen?

Ich warne davor, dass sie in einen professionellen Prozess reingrätscht. Damit laufen sie Gefahr, ihre eigene HR-Arbeit lächerlich zu machen oder Nepotismus zu fördern. Es ist und bleibt ein fragiles Konstrukt: Die HR-Abteilung kann ihre Arbeit nur gut machen, wenn sie eng an den Vorstand angebunden ist. Gleichzeitig muss es eine klare Grenze geben, damit es sauber und professionell funktioniert.

Über die Gesprächspartnerin

© S Saettele

Christina Hoon verbindet die Expertise rund um Familienunternehmen und Personalthemen: Seit 2015 ist sie Inhaberin der Stiftungsprofessur „Führung von Familienunternehmen“ an der Universität Bielefeld. Nach ihrer Promotion war sie wissenschaftliche Assistentin und Habilitandin am Institut für Personal und Arbeit an der Leibniz Universität Hannover. 2022 hat sie den HR-Circle initiiert, ein Netzwerk für den Austausch von Führungskräften zu aktuellen Herausforderungen und Trends im Personalmanagement.

Weitere Beiträge zum Thema:

Unsere Newsletter

Abonnieren Sie die HR-Presseschau, die Personalszene oder den HRM Arbeitsmarkt und erfahren Sie als Erstes alles über die neusten HR-Themen und den HR-Arbeitsmarkt.
Newsletter abonnnieren

Mirjam Stegherr

Freie Journalistin, Moderatorin und Beraterin
Mirjam Stegherr ist freie Journalistin, Moderatorin und Beraterin.

Weitere Artikel