Teilkündigung von Homeoffice-Vereinbarungen möglich

Homeoffice

Die Parteien eines Arbeitsvertrags können vereinbaren, dass eine Regelung zur Arbeit im Homeoffice isoliert gekündigt werden kann. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden.

Grundsätze der Teilkündigungen

Nach der ständigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sind Teilkündigungen, die nur einzelne Arbeitsbedingungen betreffen, grundsätzlich unzulässig. Die Gerichte sehen insbesondere die Gefahr, dass andernfalls der zwingende Kündigungsschutz umgangen wird. Anders ist die Rechtslage jedoch, wenn das Kündigungsrecht ausdrücklich vereinbart wurde und diese Vereinbarung nicht gegen zwingendes Recht verstößt.

Sachverhalt und Hintergrund

Der klagende Arbeitnehmer war seit Februar 2017 für die beklagte Arbeitgeberin tätig. Im Anstellungsvertrag war vereinbart, dass der Mitarbeitende grundsätzlich aus dem Homeoffice aus arbeitet, jedoch auch für längere Zeiträume an anderen Einsatzorten eingesetzt werden kann.

Anschließend schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung zum Homeoffice ab. Diese wiederholte im Wesentlichen die Absprache zum Arbeitsort und räumte den Parteien darüber hinaus das Recht ein, die Zusatzvereinbarung isoliert zu kündigen. Für den Fall einer Kündigung sah die Zusatzvereinbarung vor, dass der Mitarbeitende dann seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen hat.

Nach einer längeren Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeitenden kündigte die Arbeitgeberin die Zusatzvereinbarung und forderte den Mitarbeitenden auf, seine Tätigkeit am Geschäftssitz des Unternehmens fortzusetzen.

Der Mitarbeitende erhob Klage auf Feststellung, dass er aus der Zusatzvereinbarung einen Anspruch auf Beschäftigung im Homeoffice habe. Dieser Klage gab das Arbeitsgericht in erster Instanz noch statt.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Mit Urteil vom 16. März 2023 (18 Sa 832/22) wies das Landesarbeitsgericht die Klage in zweiter Instanz jedoch ab. Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus, dass das Recht zur Teilkündigung ausdrücklich vereinbart war und diese Vereinbarung auch nicht gegen höherrangiges Recht verstieß. Die Arbeitgeberin war somit zur Kündigung der Zusatzvereinbarung berechtigt.

Zunächst stellt das Landesarbeitsgericht fest, dass die Teilkündbarkeit der Zusatzvereinbarung keine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes darstellt. Die Zusatzvereinbarung betreffe lediglich den Ort der Arbeitsleistung. Die Frage des Arbeitsortes unterliege aber regelmäßig dem Direktionsrecht des Arbeitgebers und sei kündigungsrechtlich nicht besonders geschützt.

Prüfung der Zulässigkeit als Allgemeine Geschäftsbedingung

Daraufhin prüft das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit des Rechts zur Teilkündigung als Allgemeine Geschäftsbedingung: Es kommt zu dem Ergebnis, dass das Recht zur Teilkündigung den Mitarbeitenden nicht unangemessen benachteiligt. Mit der Vereinbarung einer Tätigkeit im Homeoffice werde nicht der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses angesprochen, sondern nur der Tätigkeitsort. Der Tätigkeitsort unterliege aber grundsätzlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (Paragraf 106 Satz 1 GewO). Diese Norm sei daher das maßgebliche gesetzliche Leitbild, nicht hingegen das Kündigungsschutzgesetz.

Interessen der Vertragsparteien

Das Recht zur Teilkündigung entferne sich nicht in unzulässiger Weise von diesem gesetzlichen Leitbild, da es den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werde. Zum einen sei das Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Zum anderen sei der Mitarbeitende nicht schutzlos gestellt, da nach einer Kündigung der Zusatzvereinbarung weiter die Bestimmungen im Anstellungsvertrag gelten.

Unwirksamkeit des Automatismus

Unwirksam ist nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes allerdings der in der Zusatzvereinbarung ebenso vorgesehene Automatismus, wonach der Mitarbeitende nach einer Kündigung der Zusatzvereinbarung seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen habe. Dieser Automatismus sei mit dem gesetzlichen Leitbild zum Direktionsrecht nicht zu vereinbaren, da er nicht die Ausübung billigen Ermessens durch die Arbeitgeberin vorsehe. Im Zuge einer Versetzung hingegen muss ein Arbeitgeber grundsätzlich nach billigem Ermessen handeln und damit auch die Interessen des Mitarbeitenden berücksichtigen.

Die Unwirksamkeit dieses Automatismus berühre aber nicht die Wirksamkeit des Rechts zur Teilkündigung, da die beiden Regelungen voneinander teilbare Klauseln darstellten.

Daher kam das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass der Mitarbeitende aus der Zusatzvereinbarung keinen Anspruch (mehr) auf eine Beschäftigung im Homeoffice hat. Diese Zusatzvereinbarung hat die Arbeitgeberin wirksam gekündigt.

Weitergehende Fragen zur Arbeitsleistung

Ergänzend weist das Gericht in seiner Entscheidung darauf hin, dass damit noch nicht die Frage beantwortet sei, ob der Mitarbeitende seine Arbeitsleistung zukünftig in den Unternehmensräumen zu erbringen habe. Zwar entfalte die gekündigte Zusatzvereinbarung keine Wirksamkeit mehr. Im Hinblick auf die Regelungen im Arbeitsvertrag bedürfe es aber zusätzlich einer wirksamen Weisung der Arbeitgeberin zum neuen Arbeitsort. Diesbezüglich hat der Mitarbeitende aber – trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises – keinen Klageantrag gestellt.

Praxisfolgen

Für Arbeitgeber kann es eine Herausforderung darstellen, Mitarbeitende aus dem Homeoffice „zurück in die Betriebsräume zu holen“ und die Büropräsenz wieder zu erhöhen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Homeoffice als Tätigkeitsort einvernehmlich vereinbart wurde. Eine einfache Weisung, die Tätigkeit im Homeoffice zu beenden, ist dann nicht möglich. Vielmehr muss der Arbeitgeber entweder eine Änderungskündigung aussprechen oder die Vereinbarung zum Homeoffice anderweitig beenden. Möglich ist, dass sich der Arbeitgeber einen Widerruf hinsichtlich des Tätigkeitsorts vorbehält. Allerdings müssen dann bereits in der Vereinbarung Gründe benannt werden, die einen solchen Widerruf gestatten.

Nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm bietet es sich daher an, stattdessen ein Recht zur Teilkündigung zu vereinbaren. Allerdings muss dann darauf geachtet werden, dass – anders als in dem zugrundeliegenden Sachverhalt – die Regelung im Arbeitsvertrag die Beschäftigung in den Betriebsräumen nach Ausspruch einer Kündigung eindeutig vorsieht.

Weitere Beiträge zum Thema:

Unsere Newsletter

Abonnieren Sie die HR-Presseschau, die Personalszene oder den HRM Arbeitsmarkt und erfahren Sie als Erstes alles über die neusten HR-Themen und den HR-Arbeitsmarkt.
Newsletter abonnnieren
Dr. Jan T. Hartmann, Rechtsanwalt

Dr. Jan T. Hartmann

Dr. Jan T. Hartmann ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei GvW Graf von Westphalen.

Weitere Artikel